Leistungsfaktoren fürs Klettern

Im folgenden Schaubild geht es um die Leistungsfaktoren, die in ihrer Gesamtheit die Kletterleistung ausmachen. Auf ein paar wenige haben wir überhaupt keinen Einfluss. Andere sind relativ schwer und nur mit langfristiger Arbeit zu verbessern. Dann gibt es aber auch Faktoren, die sehr schnell und schon in wenigen Wochen  zur Steigerung der Kletterleistung beitragen können. Ein paar Faktoren wirst du wahrscheinlich schon gut erfüllen, weil du diese Zeilen hier liest. Dazu zählen der Lernwille und vielleicht der Lifestyle.

Leistungsfaktoren fürs Klettern
Leistungsfaktoren fürs Klettern

Die Farben im Schaubild

  • Schwarz: Nicht beeinflussbar
  • Rot: Nur Schwer oder langfristig veränderbar
  • Gelb: Mittelfristig mit überschaubaren Aufwand veränderbar
  • Grün: Relativ leicht und schnell umsetzbar
  • Weiß: Von den persönlichen Umständen abhängig

Die körperlichen Voraussetzungen

  • Körpergewicht
  • Körpergröße
  • Hand- und Armanatomie
  • Körperbau
  • Alter

Hier haben wir die unveränderlichen Faktoren wie Körpergröße, Hand- und Armanatomie, den Körperbau und das Alter. Lediglich das Körpergewicht können wir beeinflussen.

Die Handanatomie ist vielleicht eine der am meisten unterschätzten Faktoren zum Erreichen einer guten Kletterleistung. Dabei ist hier die Biomechanik gemeint, mit der Muskeln, Sehnen und Knochen zusammenarbeiten. Sind diese extrem komplexen Hebelverhältnisse in der Hand und den Fingern günstig, können viele Griffformen auch mit weniger Muskelmasse gehalten werden. Außerdem gilt: Umso kleiner die Finger desto größer der Griff.

Bei der Armanatomie ist der sogenannte Affenindex ein zweischneidiges Schwert: Zum einen haben lange Arme den Vorteil der Reichweite, aber zum anderen den Nachteil der Hebelverhältnisse. Ich vermute aber, dass die Armanatomie weniger wichtig, als die Handanatomie ist.

Mit dem Körperbau sind z.B. breite Schultern (Schlüsselbein) gemeint. Wir können zwar aber den Körperfettanteil und die Muskelmasse manipulieren, aber auf Knochenlängen haben wir keinen Einfluss.

Die körperlichen Fähigkeiten

  • Bewegungstechnik
  • Fingerkraft
    • Maximalkraft
    • Kraftausdauer
  • Athletik
    • Explosivkraft (Schnellkraft)
    • Körperspannung
  • Beweglichkeit

Unsere körperlichen Fähigkeiten sind durch die Genetik zu einem Teil vorbestimmt, können aber durch Training stark verbessert werden!

Für die Bewegungstechnik hilft es nur viel und abwechslungsreich klettern und bouldern zu gehen. Machst du das, dann wirst du auch schnell Fortschritte bei deinem Leistungslevel erzielen.

Die maximale Fingerkraft ist meiner Meinung nach eine der wichtigsten Komponenten, um die ganz harten Touren zu klettern. Aber diese Maximalkraft ist nur langsam und über Jahre bis zu seinem persönlichen Limit zu steigern. Es können so durchaus 10 bis 12 Jahre fokussiertem Training nötig sein, bis man an sein persönliches Limit kommt. Das gute an der Maximalkraft ist, das ein einmal erreichtes Niveau auch relativ schnell wieder erreicht werden kann.

Die Kraftausdauer für das Klettern verhält sich nach meinem Wissen und Erfahrungen etwas anders: Man kann die Kraftausdauer für seine derzeitigen Kletterziele innerhalb von 4-8 Wochen auf ein ausreichendes Niveau bekommen. Dafür geht die Kraftausdauer auch sehr schnell wieder verloren, wenn man für eine Zeit keine entsprechenden Touren klettert. Beim Bouldern spielt die Kraftausdauer fast keine Rolle. Ob für 30 bis 40m langen Ausdauertouren ein längerfristiges und ernsteres Kraftausdauertraining die Priorität der Maximalkraft ablöst, kann ich nicht beurteilen. Ich habe die Kraftausdauer Grün gekennzeichnet, aber Gelb wäre genauso in Ordnung.

Bei der Beweglichkeit verhält es sich eindeutig so, dass diejenigen mit Defiziten hier schnell Fortschritte erzielen können. Aber so schnell wie die Beweglichkeit kommt, geht sie auch wieder, wenn man das Training hier schleifen lässt.

Die mentalen Fähigkeiten

  • Sturzangst
  • Durchstiegs-Taktik
  • Erfahrung
  • Einstellung
  • Lifestyle
  • Trainingsplanung
  • Leistungswille
  • Trainingsintensität
  • Lernwille
  • Erkennen von Stärken und Schwächen
  • Umgang mit Verletzungen/Misserfolg
  • Konzentration/Fokussierung
  • Nicht überehrgeizig/verbissen sein
  • Ehrgeizige, aber realistische Zielsetzung

Bis zum 7. oder 8. Grad UIAA ist oftmals die Sturzangst beim Seilklettern ein großes Hindernis um die Kletterleistung zu Steigern. Hier hilft nur kontinuierliches Sturztraining.

Wer keine optimale Durchstiegs-Taktik hat, ist sich dessen oftmals nicht bewusst. Meist steht das Problem in Verbindung mit fehlendem Lifestyle, mangelnder Konzentration und Fokussierung. Daher ist dieser eigentlich nicht all zu schwere Aspekt der Taktik für betroffene Kletterer dennoch nicht so leicht zu verbessern.

Bei der Erfahrung ist es recht klar, dass es ein ganzes Kletterleben braucht, um diese Aufzubauen. Auch die Einstellung ist sehr schwer zu verändern. Wer keinen Bock hat, hat halt keinen Bock. Wer aber diese Zeilen ließt, dürfe schon eine gewisse Grundeinstellung besitzen.

Den Kletterlifestyle hinsichtlich Kletterleistung zu leben, bedeutet Topos auswendig zu lernen, Abends Klettervideos zu sehen und das Internet nach Tipps und Wissen zu durchforsten. Dieser Aspekt geht auch in Richtung Lernwille. Noch nie gab es mehr Ressourcen dazu. Wer aber nicht den inneren Antrieb dazu verspürt, das auch zu tun und zu leben, wird es schwer haben sich diese Fähigkeit anzueignen.

Die Trainingsplanung braucht keineswegs schriftlich sein, aber im Kopf sollte man schon einen Plan haben!

Leistungswille und Trainingsintensität: Hier können die genetisch weniger gesegneten die Talente überholen! Ich weiß nicht wie man sich diese Tugenden aneignet, wenn man diese nicht schon von Grund auf in sich trägt.

Einfacher ist es hier schon mit dem Erkennen der eigenen Stärken und Schwächen. Schwieriger ist dann die Umsetzung die Schwächen zu reduzieren und die Stärken zu behalten.

Für den Umgang mit Verletzungen und sportlichem Misserfolg ist eine gewisse Persönlichkeit, Erfahrungsschatz oder ein gutes soziales Umfeld notwendig.

Wer die Tugenden Leistungswille und Trainingsintensität mitbringt läuft manchmal in die Gefahr überehrgeizig oder verbissen zu sein. Das schadet wiederum dem sportlichem Weiterkommen. Erkennt man diese Schwäche, kann man mit einiger Anstrengung zu einer gelasseneren Einstellung gelangen.

Zu guter Letzt sollte man eine ehrgeizige, aber realistische Zielsetzung haben. Nach ein bisschen Try & Error sollte das für die meisten machbar sein! Hier kann man gleich lernen mit sportlichen Misserfolg umzugehen.

Regeneration

  • Schlaf
  • Ernährung
  • Belastbarkeit/Regenerationsfähigkeit
  • Aktive Regeneration
  • Ausreichende Ruhephasen

Damit die Trainingsanstrengungen sich so optimal wie möglich in einem immer besser werdenden Kletterkörper niederschlagen, ist genügend Regeneration notwendig. Ich bin ein Befürworter von 9 Stunden Schlaf und mehr. Die richtige Ernährung trägt auch zu einer schnelleren Regeneration bei.

Die persönliche Belastbarkeit und Regenerationsfähigkeit ist zum einen genetisch bestimmt. Aber durch jahrelanges, sich im Umfang und Intensität steigerndes Training kann die persönliche Belastbarkeit stark erhöht werden.

Aktive Regeneration kann in vielerlei Hinsicht betrieben werden. Neben Joggen, Walken, Schwimmen, Sauna kann auch eine lockere Yoga oder Gymnastikeinheit eine schnellere Regeneration fördern. Eine weitere Möglichkeit wäre ein Training mit einem Foam Roller.

Etwas schwieriger wird es mit dem Aspekt der ausreichenden Ruhephasen. Das bedeutet nach einer hohen Belastung, wie einem Campusboardtraining, den beanspruchten Körperpartien genug Zeit zur Reparatur des Körpers zu geben. Hier stellt sich immer individuell die Frage, wie viel Pause ist notwendig und wann ist die Pause zu viel. Erschwerend kommt hinzu, dass die verschiedenen Trainingseinheiten um die Belastung und Regeneration kongruieren. Also z.B. die Frage übermorgen will ich schwer klettern, kann ich da heute noch ein Campusboardtraining machen?

Äußere Rahmenbedingungen

  • Wohnen in einem Klettergebiet
  • Bereisen verschiedener Klettergebiete
  • Trainingsmöglichkeiten
    • Boulderhalle
    • Kletterhalle
    • Klettertrainingsbereich
    • Home Gym
  • Die fürs Klettern verfügbare Zeit
  • Klettertrainer
  • Kletterpartner
  • Bessere Kletterer im direkten Umfeld
  • Unterstützung aus dem sozialen Umfeld
  • Geld/Mobilität (Auto etc.)

Kommen wir zum letzten großen Punkt, den äußeren Rahmenbedingungen. Der Zugang zu Klettergebieten sollte gegeben sein, wenn man nicht nur am Plastik erfolgreich sein will. Daher ist es ein riesen Vorteil direkt in einem guten Klettergebiet zu wohnen. Das zusätzliche Bereisen anderer Klettergebiete bringt wertvolle Abwechslung und Erfahrung.

Ebenso wichtig sind die Trainingsmöglichkeiten. Hier sollte zumindest eine gute Boulderhalle zur Verfügung stehen. Eine Kletterhalle biete die perfekte Möglichkeit für Kraftausdauer- und Sturztraining. Zum richtigen Luxus wird es, wenn zusätzlich noch ein Klettertrainingsbereich wie z.B. im Café Kraft vorhanden ist!

Ansonsten bleibt einem nur der Aufbau seines persönlichen Home Gyms. Ein Trainingsboard und eine Klimmzugstange ist aber sowieso jedem ambitionierten Kletterer zu empfehlen. Wer darüber hinaus sogar sein eigenes Campusboard einrichten kann, verschafft sich Top – Trainingsbedingungen.

Bei einigen von uns ist die verfügbare Zeit zum Klettern zu knapp, um Fortschritte zu erzielen. Hier kann man sich zum einen die Zeit nehmen in dem man dafür andere Sachen im Leben zurückstellt. Die Aufgabe eines anderen Hobbys wäre z.B solch ein recht drastischer Schritt. Vielleicht kann man aber auch nutzlos vergeudete Zeit, wie Fernsehschauen für das Klettern verwenden. Möglicherweise nutzt man aber auch seine Zeit fürs Klettern nicht optimal. Das kann z.B. passieren, indem man nur Klettern geht und anderes Training, wie Athletik, vernachlässigt.

Ein Fehler in meinen Anfangszeiten des Kletterns, war z.B. bei gutem Wetter drei Tage hintereinander in das Frankenjura zu fahren. Die Folge war, dass ich am dritten Tag meist keinen Spaß wegen überbeanspruchter Haut hatte.

Wer keinen Zugriff auf einen Klettertrainer hat, der sollte sich zumindest um gute Kletterpartner bemühen. Die richtigen Leute können dafür sorgen, mehr aus sich heraus zu holen. Bei besseren Kletterern kann man sich einiges abschauen. Zudem hemmt es den Respekt für höhere Schwierigkeitsgraden.

Die Unterstützung für den Klettersport aus dem sozialen Umfeld ist eine extrem wichtige Sache. Gleichzeitig ist dieser Punkt einer der am schwerst änderbaren! Teilweise sind hier so drastische Schritte nötig, wie mit der Freundin Schluss zu machen, wenn diese den Sport nicht akzeptiert. Aber auch missgünstige Eltern zu überzeugen ist sehr, sehr schwer!

Als letztes sei noch das Geld und die Mobilität erwähnt. Wer kein Geld für die Boulderhalle hat, oder keine Möglichkeit hat zu den Felsen in einem Klettergebiet zu kommen, der hat es schwer.

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