Buch Review: Train Hard But Smart (by Denis)

Review: Train Hard But Smart Vol. 1 – The Book of Strength

Was es verspricht

Die Website (http://www.trainhardbutsmart.com/) zu Nic Dürrs „Train Hard But Smart“ schreckte mich zunächst ein wenig ab, wirkt sie doch auf den ersten Blick etwas, ja man muss fast sagen unseriös. Das mag hart klingen, aber der Slogan, dass nun „endlich“ ein Training da sei, „das auch tatsächlich funktioniert“, wirkt nunmal nicht gerade bescheiden. Im Untertitel heißt es: „Real results. For real people. Backed by science. Personalized for you.“ Das klingt vielversprechend. Im Klappentext wird ein Buch versprochen, das einem beibringen möchte, was Training ist und was im Körper dabei passiert. Es verspricht, die eigenen Schwächen herauszufinden und sich einen Trainingsplan zu erarbeiten. Es legt außerdem einen Fokus darauf, wie man härter trainiert, ohne sich zu verletzen, wobei auf neuste wissenschaftliche Methoden verwiesen wird, die von „echten“ Kletterern ausgiebig getestet seien.

Die Aufmachung

Train Hard but Smart kommt als schickes, stabiles Hardcover. Das Buch kam liebevoll verpackt an, inklusive einer kleinen Karte, in welcher der Autor persönlich viel Erfolg wünscht. Sympathisch! Der Band selbst umfasst 190 Seiten, ist auf dickem Papier gedruckt und spart nicht an Farbe.

Der Inhalt

Das Buch versucht, einen kompakten, auch für den Laien verständlichen, Überblick über das Training zu bieten. Es erklärt mit Skizzen und Diagrammen, was einen starken Kletterer ausmacht und was in den Muskeln passiert, wenn wir trainieren. Vom Warm-up bis zum Cool-down, von Maximalkraft bis Ausdauer, von Fingerkraft bis zu Ausgleichsübungen – nichts wird ausgelassen. Die Erklärungen sind prägnant, visuell einprägsam und informativ.

Gelungener Überblick – die Stärken des Buches

Dürrs Buch bietet wirklich eine gelungene, moderne Zusammenfassung. Wer einen gut zugänglichen Überblick über modernes Klettertraining sucht, wird hier fündig. Die Texte sind keine seitenlangen Abhandlungen, sondern konzentrieren sich auf das Wesentliche: die Anwendbarkeit in der Praxis. 27 bebilderte Übungen befinden sich in dem Buch, mit Ausgleichs- und Dehnübungen sind es 37.

Auch die Ernährung und die Erholung hat einen festen Platz in den 190 Seiten. Wer Eric Hörsts „Training for Climbing“, Klassiker wie „Peak Performance“ oder das neuere „Gimme Kraft“ sein Eigen nennt, der wird hier auf viel Bekanntes stoßen. Entschlackt, modernisiert und auf den Punkt gebracht, könnte man sagen. Laien werden nicht von wissenschaftlichen Textwänden erschlagen, sondern bekommen das präsentiert, was für sie ausschlaggebend ist.

Positiv hervor stechen auch die einfachen und kostengünstigen Bauanleitungen für Trainingsgeräte, sei es Fingerboard oder Hilfen für die Zangenkraft. Auch das ist irgendwie nichts Neues, aber in Zeiten, wo man sich vor dem Angebot an teuren, teils futuristisch anmutenden Trainingsboards kaum retten kann, dennoch erfrischend.

Das Buch bietet viele gute Tipps, das eigene Training und Zielsetzungen zu hinterfragen, Trainingsfehler zu vermeiden und motiviert zu bleiben.

Personalized for you?

Wir erinnern uns: „Personalized for you“ soll eines der Alleinstellungsmerkmale dieses Buches sein. Das ist ein hoher Anspruch und daran muss sich das Buch messen. Das wurde in meinen Augen nicht wirklich erfüllt. Zugegeben: Der Anspruch, dass ein Buch, das den Leser nicht kennt, diesem genau gerecht wird, ist vermutlich utopisch. Leider erweckt „Train Hard but Smart“ gerade diesen Eindruck, um dann – obwohl so vieles richtig gemacht wurde – genau daran zu scheitern. Ja, das Buch spricht Probleme größerer und kleinerer Kletterer an, es ermutigt dazu, die eigenen Schwächen herauszufinden. Aber am Ende wagt es doch nur Trainingsplanbeispiele und ermutigt dazu, für sich den besten Weg zu finden. Von einem Buch, das damit wirbt, die eigenen Schwächen zu finden und diese gezielt anzugehen, erwarte ich dann doch etwas mehr als die Aufforderung: „finde deinen eigenen Stil“. Denn genau das, das eigene Unvermögen zu erkennen, ist doch für den Laien teilweise enorm schwer.

Der Test „What’s my level?“, der einen Versuch unternimmt, die Leser in drei Stufen einzuteilen, ist im Grunde ein guter Anfang. Die Level tauchen dann aber nur bei einigen Übungen auf und spielen im restlichen Buch keine Rolle mehr. Dafür ist später, im Kapitel „Recipe for Success“, von „beginner“ und „pro“ die Rede – Kategorien, die im Buch bis dahin nicht definiert wurden. Von einem roten Faden also an dieser Stelle keine Spur. Hier verspielt das Buch seine potentiellen Stärken.

Der Leistungstest ist übrigens programmatisch für das oben angesprochene Problem: Bereits hier hätte man mit dem Erkennen der Stärken und Schwächen beginnen können. Dass ich problemlos 20 Sekunden an einer 18 mm Leiste hängen kann, aber nicht ansatzweise mehr als vier Klimmzüge mit Zusatzgewicht in Höhe von 30 % meines Körpergewichtes kann, hätte der erste Indikator für eine Individualisierung sein können, hier hätte man den Leser durch Aufzeigen seiner Stärken und Schwächen abholen können. Mit ähnlichen Tests hätte man dem Leser vielleicht helfen können, eigene Schwächen besser zu erkennen und spezifische Übungen vorzuschlagen. Zwar werden diese Themen angesprochen (zum Beispiel im Kapitel „Focus and Prioritize“) aber mehr als eine Aufforderung an den Leser, diese (selbst) herauszufinden, springt am Ende nicht dabei heraus.

Kleine Schwächen im Detail

An manchen Stellen hätte ich mir weitere Erläuterungen gewünscht. Beispielsweise wird im Kapitel Fingerkraft behauptet, man solle sich vor- und hinterher keinesfalls dehnen – die genaue Begründung bleibt aber im Dunkeln.

An anderer Stelle wird erwähnt, es sei falsch, dass man durch Flüssigkeitsaufnahme temporär an Gewicht zunähme. Auch hier fehlt mir eine Erläuterung, besser noch eine Quelle. Aber vermutlich kann man nicht alles haben: entschlacktes Design ohne unnötigen Ballast und wissenschaftliche Hintergründe mit Belegen. „Train Hard but Smart“ hat sich hier für den ersten Weg entschieden. Man sollte also keine langen Abhandlungen erwarten. Trotz 190 Seiten ist der Inhalt überschaubar. Große Schrift, viele Leerzeilen und Grafiken tragen ihr Übriges dazu bei, die Seiten zu füllen.

Fazit

Das Buch ist ein erstklassiges Trainingsbuch, das bekannte Methoden und Erkenntnisse modern zusammenfasst und mit frischen Denkanstößen mischt. Wer schon in den letzten Jahren alles an Trainingsliteratur verschlungen hat, wird vermutlich nicht viel Neues erfahren, bestimmt aber einige neue Sichtweisen mitnehmen. Wer einen komprimierten Überblick über modernes Training sucht, ist hier goldrichtig – Englischkenntnisse vorausgesetzt, denn Nicolas Dürr (im Buch nennt er sich nur Nic Duerr) setzt offenbar völlig auf den internationalen Ansatz.

Mir persönlich verspricht das Buch an manchen Stellen etwas mehr, als es halten kann. Es konnte mir definitiv einige neue Denkanstöße geben, die ich nicht missen möchte. „Personalized for me“ fühlte es sich aber nicht an. Mit dem Leistungstest ließ es mich mehr oder weniger ratlos zurück, wenn auch mit einigen guten Tipps an anderer Stelle reicher. Wie so ein Buch mit personalisiertem Training aussehen könnte? Ich habe keine Ahnung. Deswegen weckte „Train Hard but Smart“ ja mein Interesse – und legte die Erwartungen durch den Klappentext eventuell etwas hoch an. Ich weiß, dass kein Buch der Welt einem etwas vorkauen kann und man lernen muss, den eigenen Körper kennenzulernen und sich ein individuelles Training zusammenzustellen. Dabei hilft „Train Hard but Smart“ genauso viel oder wenig wie andere Bücher. Anders beworben hätte man das Buch nur loben können, so muss es sich aber an den Werbeslogans messen lassen.

Mehr Fokus hätte ich mir auch auf der Verletzungsfreiheit gewünscht. Wer ein Buch in dieser Richtung sucht, ist vermutlich bei „Make or Break“ von Dave MacLeod besser aufgehoben. Für den gleichen Preis bekommt man dort wesentlich umfangreichere Informationen.

Dieses Buch und weitere Trainingsliteratur gibt es im target10a.com Shop! Train Hart But Smart
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